Montag, 24. Oktober 2011

Teil 43 - Erklärung.

An dem richtigen Haus angekommen, zögerte ich noch einmal kurz. Schrecklich wie ich meine festgelegten Entscheidungen immer wieder hinterfragte, aber es stand auch viel auf dem Spiel. Doch ich hatte mich entschlossen. Ich klingelte und wartete. Jetzt öffnete mir jemand. Es war seine Mutter. Freundlich begrüßte sie mich und bat mich direkt hinein. Hinter mir schloss sich die Tür sofort wieder und Margit führte mich in die Küche. Sie war beim Kochen und Sebastian war nicht zu sehen, ich konnte ja auch später noch mit ihm reden.
'Kann ich Ihnen helfen?' Verwirrt drehte sie sich zu mir um. Hatte ich was falsches gesagt?
'Wieso so förmlich?' Sie lachte. ''Kann ich dir helfen' ist völlig in Ordnung und sowieso ich bin Margit.' Sie reichte mir ihre Hand rüber. Auch ich lachte und nahm ihre Hand.
'Okay. Melissa. Und darf ich dir helfen?'
'Natürlich darfst du.'
Schnell ging ich rüber zum Waschbecken und wusch mir die Hände. Jetzt hörte ich eine Stimme.
Die Stimme und ihr Besitzer kamen jetzt durch die Tür.
'Mama, hast du...' Er unterbrach, als er mich sah.
'Hey.' War das einzigste, was ich im Moment zu Stande brachte.
Verdutzt sah er mich an. 'Hallo. Was machst du …' Ich lies ihn nicht aussprechen. Stattdessen ging ich auf ihn zu und zog ihn wieder zur Tür. 'Wir müssen reden.'
'Achja?'
'Ja. Wir müssen.' Ich betonte jedes einzelne Wort und es gelang mir. Besser als ich gedacht hätte.
Ich drehte mich noch einmal kurz zu Margit um. 'Entschuldige uns kurz.'
'Ist schon Okay, lasst euch Zeit.' Sie lächelte und damit zog ich ihn weiter ins Wohnzimmer, der Ort, wo wir vorhin schon einmal gesessen hatten.
'Okay und worüber?' fing er das Gespräch wieder an.
'Über vorhin... Also setzt dich, das Gespräch wird etwas länger dauern.' Verwirrt sah er mich an. Ich setzte mich und zog ihn neben mich.
'Ich hab nachgedacht.'
'Mhm.'
'Sebastian, hör zu. Du musst wissen, dass mir diese Entscheidung, dir das hier jetzt alles zu erklären, nicht leicht viel und eigentlich kann ich es immer noch nicht glauben, dass ich das jetzt tue aber du bist mir, die kurze Zeit hier, ziemlich ans Herz gewachsen und möchte dich eigentlich... Nein. Ich möchte dich nicht verlieren. Aber... Oh Gott. Also es ist absolut nicht einfach für mich. Ich hoffe ich mache hier das Richtige.' Er wollte was sagen, aber ich legte meinen Finger auf seine Lippen. 'Sag nichts. Ich bin noch nicht fertig...' Okay, jetzt oder nie. Einatmen – ausatmen.
'Als ich noch nicht hier war, hab ich ja öfters mit Chantal telefoniert und sie hat mir halt immer erzählt wenn ihr euch getroffen habt und alles.' Ich merkte wie sich meine Augen mit Tränen füllten. Doch jetzt ließ ich es geschehen, es war mir egal, ich wollte ihm einfach nur noch die Wahrheit sagen.
'Chantal verzeih mir' sagte ich mehr zu mir selbst, doch nicht überhörbar für ihn.
'Und das was jetzt kommt, ist der Grund, warum ich mich die ganze Zeit so dämlich verhalten hab. Chantal sagte mir, im Vertrauen, dass..' Jetzt lief ein Bach aus Tränen meine Wangen hinunter. '...dass sie dich liebt.' Nach einer etwas längeren Pause fuhr ich fort. '...ich hoffe du verstehst jetzt. Ich bin so eine schlechte Freundin. Ich habe den Jungen geküsst den sie liebt! Ein nie wieder gut zu machende Handlung und dann? Ich erzähle das weiter, was sie mir im Vertrauen erzählt hat, wieder ein schrecklicher Fehler. Ich bin eine Egoistin. Das hätte ich nie, nie von mir gedacht, dass ich so bin.' Dieser Einblick in mich, lies mich jetzt richtig losheulen. Ich wand mich von ihm ab. Er sollte mich nicht so sehen. Mich nicht so erleben. Ich musste gehen. Er bat um einen Tag, den blieb ich noch hier, aber morgen würde ich nach Hause fahren, ich hatte hier genug Schaden angerichtet. Ich sollte aufhören mich selbst zu bemitleiden. Ich hatte mir den Scheiß selber eingebrockt. Ich drehte mich erneut zu ihm um. Regungslos saß er dort und schaute aus dem Fenster, in Gedanken versunken, auf irgendetwas in der Ferne. Ich erhob mich, das dazu führte, dass sein Kopf in meine Richtung wand.
'Entschuldigung, ich hätte es dir nie erzählen dürfen. Sofort heute morgen nach Hause fahren müssen. Ich sollte jetzt besser gehen.' Es kamen immer und immer wieder neue Tränen, auch wenn ich dagegen ankämpfte, konnte ich sie nicht verhindern.
'Neeeein. Nein. Bleib. Es ist gut, dass du mir das erzählt hast, auch wenn ich dich verstehe, hättest du mir das alles sagen können. Ich werde mit Chantal reden....' Sofort unterbrach ich ihn.
'NEIN! Das wirst du nicht tun, du kannst nicht mit ihr reden. Bitte...' Doch bevor ich weiter reden konnte, überkam mich ein lautes schluchzen und ich sank langsam auf den Boden. Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen.

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